Politik

Zehntausende Menschen protestieren in Georgien gegen Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme"

  • AFP - 2. Mai 2024, 07:17 Uhr
Bild vergrößern: Zehntausende Menschen protestieren in Georgien gegen Gesetz zur ausländischen Einflussnahme
Protest vor dem Parlament in Tiflis
Bild: AFP

Zehntausende Menschen sind in Georgien bei erneutem Protest gegen das geplante Gesetz zur 'ausländischen Einflussnahme' auf die Straße gegangen. Das Parlament verabschiedete das Gesetz derweil in zweiter Lesung.

Zehntausende Menschen sind in Georgien bei erneutem Protest gegen das geplante Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" auf die Straße gegangen. Das Parlament verabschiedete das Gesetz am Mittwoch derweil in zweiter Lesung ungeachtet der wochenlangen Proteste im Land und der Kritik aus Brüssel. Gegner sehen in dem Vorhaben ein Instrument zur Unterdrückung kritischer Medien und Organisationen.

Zehntausende Menschen versammelten sich am Mittwochabend vor dem Parlament in Tiflis, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP vor Ort beobachtete. Sie schwenkten dabei Flaggen Georgiens und der EU. Zudem wurden die georgische Nationalhymne und die Ode an die Freude gespielt.

Später am Abend setzte die Polizei im Hof des Parlamentsgebäudes Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfer gegen hunderte Demonstranten ein. Diese hatten versucht, den Seiteneingang des Parlaments zu blockieren. Bereits am Vortag hatte die Polizei unter anderem Tränengas eingesetzt. Rund 60 Demonstranten wurden festgenommen.

"Ihre sinnlose Gewalt ist zwecklos", sagte der Demonstrant Tato Gatschetschiladse. "Georgien gehört zu Europa und wir werden russische Gesetze und eine pro-russische Regierung nicht tolerieren."

Im Parlament verabschiedeten die Abgeordneten das Gesetz am Mittwoch in zweiter Lesung mit 83 Ja-Stimmen bei 23 Gegenstimmen. Die Regierungspartei Georgischer Traum strebt das Inkrafttreten des Gesetzes für Mitte Mai an. Es sieht vor, dass sich Organisationen, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, in Georgien behördlich registrieren lassen müssen.

Kritiker sehen darin eindeutige Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland. Das erlaubt es den dortigen Behörden, massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorzugehen.

Das Vorhaben muss noch in dritter Lesung vom Parlament verabschiedet werden. Zwar kann die pro-europäische Präsidentin Präsidentin Salome Surabischwili ihr Veto einlegen, doch verfügen die regierungstreuen Abgeordneten im Parlament in Tiflis über eine ausreichende Mehrheit, um das Veto der Präsidentin zu überstimmen.

Die Proteste gegen das "russische Gesetz" dauern in Georgien seit mehreren Wochen an. Georgien ist seit Dezember offiziell EU-Beitrittskandidat; Brüssel hatte erklärt, das Gesetz untergrabe die Beitrittsambitionen des Landes.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rief die Regierung in Tiflis am Abend auf, weiterhin in Richtung EU zu steuern. "Die georgischen Bürger zeigen ihre tiefe Verbundenheit mit der Demokratie. Die georgische Regierung sollte diese klare Botschaft berücksichtigen", erklärte von der Leyen im Onlinedienst X. Zugleich verurteilte sie das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten.

"Die Anwendung von Gewalt zur Unterdrückung friedlicher Versammlungen und der freien Meinungsäußerung ist inakzeptabel", erklärte auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Er warf der Regierungspartei Georgischer Traum eine "antiwestliche Rhetorik" vor. 

Das französische Außenministerium erklärte im Onlinedienst X, Paris verfolge die Situation "mit Sorge". Das Ministerium kritisierte ebenfalls "die Gewalt gegen die Demonstranten". Georgien müsse seine Bemühungen fortsetzen, "sich entsprechend dem Wunsch seiner Bevölkerung der Europäischen Union anzunähern."

Ministerpräsident Irakli Kobachidse kritisierte wiederum westliche Politiker und Diplomaten für die "Verleumdung" des Gesetzesvorhabens. Kobachidse hatte das Amt des Ministerpräsidenten im Februar übernommen. Kritiker werfen ihm vor, das Land wieder stärker an Russland annähern zu wollen. Der 45-Jährige beschuldigt seinerseits die westlichen Staaten, Georgien in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineinziehen zu wollen.

Die Führung in Moskau zählt die ehemalige Sowjetrepublik Georgien zu ihrem Einflussgebiet. 2008 marschierten russische Truppen in Georgien ein, Russland erkannte anschließend die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien als unabhängige Kleinstaaten an.

Weitere Meldungen

Bundestag hebt Immunität von AfD-Abgeordneten Bystron und Gnauck auf

Der Bundestag hat am Donnerstag die Immunität der AfD-Abgeordneten Petr Bystron und Hannes Gnauck aufgehoben. Am Morgen hob das Parlament zunächst die Immunität des

Mehr
Bundestag debattiert über Angriffe auf Politiker in Aktueller Stunde

Der Bundestag hat nach den jüngsten Angriffen auf Politikerinnen und Politiker sowie Gewalt gegen Ehrenamtler über Ursachen und Konsequenzen debattiert. "Niemand, der sich in

Mehr
Bundestag wählt Specht-Riemenschneider zur neuen Datenschutzbeauftragten

Der Bundestag hat die Bonner Zivilrechtsprofessorin Louisa Specht-Riemenschneider zur neuen Bundesdatenschutzbeauftragten gewählt. Für sie votierten am Donnerstag mit 476

Mehr

Top Meldungen

Steuerschätzung: Ampel uneins über weitere Haushaltskürzungen

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Nachdem der Arbeitskreis "Steuerschätzung" seine Erwartungen für die erwarteten Steuereinnahmen nach unten korrigiert hat, spitzt sich der Streit

Mehr
Bundeshaushalt: DGB plädiert für mehr Investitionen

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Trotz der nach unten korrigierten Steuerschätzung rät der Deutsche Gewerkschaftsbund von einem schärferen Sparkurs ab. "Die Steuereinnahmen

Mehr
Ökonomen kritisieren EZB für bisher ausbleibende Zinssenkungen

Ökonomen haben die Europäische Zentralbank (EZB) dafür kritisiert, dass diese trotz nachlassenden Preisdrucks und sich eintrübender Wirtschaft immer noch keine Leitzinssenkungen

Mehr